Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl [43]

43. Rübezahl verwandelt sich zum Bileamsesel.

Nachdem einsmals ein schnakhaftiger gemeiner Bürger, der sonsten in Kompagnien mit seinen possierlichen Scherzen die Leute hübsch lustig machen gekunnt, im Werke begriffen gewesen, über das Gebürge zu gehen und zwar gar einsam, da hat es sich zugetragen, daß der Rübezahl unterwegens zu ihm genahet, in Gestalt eines andern schlechten Bürgermannes, bei sich habende einen hübschen großen Esel, darauf er geritten.

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Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl [42]

42. Rübezahl verwandelt sich in einen Fleischershund.

Als hab ich mir berichten lassen, daß im vergangenen 1661. Jahre ihrer zween über das Gebürge gegangen, da ihnen unversehens, wie sie des Rübezahls nur in Gedanken erwähnet, ein großer Fleischershund nachgesprungen ist, hin und her gelaufen, bald vor sie eine Ecke weggerannt, bald wieder umgekehret und sich, in vollen Laufe etliche Mal vorbeihüpfend, hinter sie gewandt: also, daß anfänglich die Reisenden nicht anders vermeinet, es werde ein Fleischer darauf erfolgen und sich auf dem Wege zu ihnen gesellen. Aber vergebens ist diese Einbildung gewesen, sintemal kein Mensch darauf erfolgte, der Hund aber dennoch etliche Mal in vollem curir vor sie bei weggesprungen ist und endlich drauf verschwunden: wobei denn alsobald den Reisenden ein Grausen angekommen ist, aber doch weiter gleichwohl nichts begegnet noch erfahren haben; welches freilich nicht würde ausgeblieben sein, soferne sie des hochtrabenden Geistes nur gespottet hätten oder seinen Namen exprimieret. Diese Historie habe ich allhier in Leipzig, flugs nachdem meine erste Edition dieses Rübezahls herausgekommen, von einem glaubwürdigen Bürger gehöret, der mit dem gedachten Reisenden selber daraus geredet.


Johannes Praetorius (1630-1680)

Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl [41]

41. Rübezahl gesellet sich zu einem Müller.

Man höret gar sehr ofte, daß sich der Rübezahl gebären und verstellen solle in solche Gestalt, in welcher die Reisenden, nach Unterschiedlichkeit der Sorten, angetroffen werden. Also soll er sich auch einmal wie ein Müller zu einem andern Müller gesellet haben, ist gleichsam ungefähr auf dem Gebürge zu ihm geraten: hat gefraget, wohin er wolle, und denn auch, ob er ihn zum Gefährten wolle bei sich behalten? Drauf der rechte Müller ein Ja gesprochen und ihme den Gefährten hat belieben lassen. Was geschicht? Indeme sie fortmarschieren, da läßt der Rübezahl seine Nase allgemählich einer Ellen lang wachsen, krieget zwei große Hörner auf dem Kopfe und springet wie ein abscheulicher Satyrus davon: also daß der rechte Müller erschrickt und Gott umb Hülfe anruft, der ihm auch nichts widerfahren lässet.


Johannes Praetorius (1630-1680)

Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl [40]

40. Rübezahl pflüget.

Es gedachte ebenmäßig der vorige Fuhrmann, daß er gehöret hätte, wie andere Leute über das Riesengebürge gefahren wären und droben einen Bauersmann hätten pflügen gesehen mit drei Ochsen, also daß die Pflugschar sehr tief ins Erdreich gegangen; darüber sich die Leute sehr verwundert hätten, weil es Felsen gewesen. Indem sie nun also bestürzt die neue Art zu pflügen zugesehen, da soll der Ackersmann, oder der verstellete Rübezahl, etliche Steinigen nacheinander mit seinem Stocher auf die Leute zugeworfen haben, bis sie endlich das Gucken nachgelassen und ihres Weges fortgefahren waren. Als diese Leute nun endlich nach Hause gekommen und ihre Sachen herunterräumen, da finden sie unter dem Stroh im Wagenkorbe viel güldene Schlacken, darüber sie sich höchlich verwundern und nunmehr aus Geiz, aber vergeblich wünschen, daß sie dem pflügenden Rübezahl länger hätten mögen zusehen und also reicher geworden wären. Siehe, was der Geiz nicht tut? Indem sie also ohne Nachsinnen wünschen, da verschwindet das meiste unter ihren Händen und behalten kaum ein wenig zur Nachricht und Aufweisung.


Johannes Praetorius (1630-1680)

Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl [39]

39. Rübezahl gräbet Rüben.

Es hat mir ein alter Fuhrmann aus Schlesien für wahrhaftig beigebracht, daß er vor zehn Jahren über das Gebürge habe gehen müssen; da ihm unterwegens ein großer Durst angekommen, aber nicht gewußt, wie er denselbigen stillen sollte. Indem er also ziemlich matt gewesen, da siehet er nicht weit von der Straßen einen Mann Feldrüben graben. Zu solchem war er hingangen und hatte umb ein paar dergleichen Rüben fleißig gebeten, die ihm auch nicht waren versaget worden, sondern bald gegeben. Wie nunmehr der Fuhrmann sie habhaft gewesen und sie auch fein saftig befunden, da hat er sein Messer ausgezogen, eine davon geschälet und ganz aufgegessen, wie groß sie auch gewesen; die andern hat er bei sich verwahret gehalten, bis auf weitern Bescheid. Und indem geschiehet es, daß er in ein Wirtshaus unter dem Gebürge einkehret, da er die ander Rübe beim Kopf zu kriegen willens war. Siehe, da zeucht er keine Rübe mehr hervor, sondern in Gestalt einer Rüben ein großes Stück Bergwerk, welches mehrenteils klar Gold gewesen. Das lasset mir einen reichen Rübezahl sein, der lauter Geld zur Verehrung giebet denen, die nicht arglistig, sondern freundlich mit ihm umgehen!


Johannes Praetorius (1630-1680)

Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl [38]

38. Rübezahl ist ein Schiefergräber.

Wie einsmals der Freiherr von Schaffgotsch auf der Schneekippe mit den Seinigen gewesen und des Orts vorhero gejaget hatte, da soll ein Page vom Berge heruntergesehen und drunten im Grunde einen Bergmann verspüret haben, welcher einen schönen großen Schiefer vor sich gehabt, den er gleichsam aus dem Berge glücklich herausgebrochen und vollenkommen herausgearbeitet hatte. Solches hat der Diener seinem Herrn angekündiget, welcher begehret, er solle fragen, wie teuer der Schiefer gehalten werde, er selber wolle einen Tisch davon bereiten lassen. Hierauf schreiet der Diener vom Berge herunter: Hört, Bergmann, wie teuer haltet ihr den Schiefer? Mein Herr will ihn behalten. Da hat sich der Rübezahl gestellet, als höre er es nicht: worauf denn jener Diener seine Frage etlichemal wiederholet hat, und es so lange getrieben, bis der Bergmann einmal hinaufgesehen und unmuts gesaget hat: Laß mir deinen Herrn etwas anders tun! Da solches für des Freiherrn Ohren gekommen, soll er gesagt haben: Es ist der rechte. Verstehende, daß es niemand anders sein mußte als das gewöhnliche Gespenste, der Rübezahl. Doch gnug.


Johannes Praetorius (1630-1680)

Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl [37]

37. Rübezahl erläßt Edelgesteine hinter sich.

Vor der Reformation, da es in Böhmen noch lutherisch und evangelisch gewesen (da es itzund kaum epistolisch, katholisch wollte ich sagen, ist), zu solcher Zeit ist ein Pfarrherr übers Gebürge gegangen samt seinem Küster, in willens, eine Kindtaufe herüberwärts zu verrichten. Indem er aber mit seinem Handlanger wandert, da soll er ungefähr bei der einen Schneeküppe eines Italiäners am Bächlein wahr geworden sein, der viel kleine Steinlein über einen Haufen da heraus gelesen und neben sich hingelegt gehabt. Wie er solchem etwas näher geraten, da war der vermeinte Italiäner eilends davongesprungen und hatte alles im Stiche gelassen, was er gesammelt: der Pfarrherr aber hatte unterdessen etliche Steinlein zu sich in sein Schnupptuch gestecket und war darmit vor die lange Weile weggegangen, hatte sie auch beim Goldschmiede versuchen lassen und befunden, daß es köstliche Edelsteine gewesen, derentwegen er bald drauf eben des Weges gegangen, die übrigen Steine zu suchen; aber da war weder Steingen noch Bächlein zu sehen gewesen, ob er gleich die vorige Stelle betreten; wiewohl dem Pfarrherrn auch vorhero soll Wunder genommen haben, daß er allda ein rinnendes Bächlein aus’m Berge vermerket, als der vordessen keinen allda angetroffen, ungeachtet, ob er schon sehr vielmals desselben Weges sich gebrauchet gehabt.

Johannes Praetorius (1630-1680)

Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl [36]

36. Rübezahl spendieret ein gut Trinkgeld für genossene Herberge.

Einsmals reiset der Ronzival aus mit dreißig Pferden und drei Trompetern, hat seine kalte Küche nebenst dem Koche bei sich und kommt zu einem von Adel, lässet ihn umb Herberge bitten: er dürfte ihme nichts geben, er wollte ihm auch keine Ungelegenheit machen. Wie er speiset, so schickt er dem Wirte acht Speisen von seinem Tische oder Tafel; der Wirt aber bedankt sich und will solche nicht annehmen, schickt sie nebenst freundlicher Danksagung wieder. Früh morgens, ehe er wegreiset, so frühstückt er zuvor. Unter andern schickt er dem Wirte wieder etliche Speisen, worunter eine Schüssel verdeckt gewesen und mit lauter Dukaten angefüllet, und lässet sich guter Herberge bedanken.

Johannes Praetorius (1630-1680)

Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl [35]

35. Rübezahl gastieret katholische Pfaffen.

Diese Geschichte hat mir geschrieben übergeben ein alter und erfahrner Schlesier, deme der großgünstige Leser gewiß und leichtlich einen Glauben beimessen kann und soll, nämlich: Einsmals reisen etliche katholische Priester mit etlichen Studenten in Polen nach Posen zu; wie sie aber auf den Berg kommen, treffen sie ein Wirtshaus an: darinnen waren viel Leute, hatten Spielleute und waren lustig. Weil es aber späte war, so bitten die Herren Geistlichen umb Herberge. Der Wirt saget, sie wären vornehme Leute und geistliche Personen; er wüßte nicht, was er ihnen vor Lager machen sollte; sie müßten mit einem Strapudio vorlieb nehmen. Ja, ja, sagten sie, es wäre alles gut. Er traktieret sie mit Essen und Trinken wohl; bekommen gute Räusche und legen sich aufs Lager, schlafen ein und ruhen alle wohl, fragen aber den Wirt zuvor, was sie schuldig wären: sie wollten früh morgens zeitlich aufsein; ob er auch Branntwein hätte? sie wollten früh vorher einen trinken. Sagt der Wirt, sie sollten früh morgens bezahlen und einen guten Rausch an dem Branntwein mitnehmen; er wäre willens, ihnen einen Gefährten auf ein paar Meilen mitzugeben. Das war den guten Herren lieb, daß sie den Wirt zu einem Gefährten kriegten; schliefen mit Freuden drauf ein. Als sie erwachten, so lagen die guten Herren alle unter einem Galgen: das war ihr Wirtshaus gewesen; was sie nun für Speis und Trank genossen, weiß ich nicht. Gott segne es ihnen!

Johannes Praetorius (1630-1680)

Bekannte und unbekannte Historien von Rübezahl [34]

34. Rübezahl zaubert etlichen Küh- und Ochsenköpfe an.

Es soll sich auch auf eine Zeit begeben haben, daß Rübezahl sich in eine verlassene Herberge gemachet und sich wie ein stattlicher Wirt erzeiget, indem es sich begeben, daß unterschiedliche vornehme Leute vorbei gereiset und sich über Nacht allda haben gastieren lassen.

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