Die 1,000,000 Pfundnote und andere humoristische Erzählungen und Skizzen. [3]

Staatswirtschaft.

»Die Staatswirtschaft,« schrieb ich, »ist die Grundlage einer jeden guten Regierung. Die weisesten Männer aller Jahrhunderte haben diesem Gegenstand stets –«

Hier wurde ich durch die Meldung unterbrochen, daß ein Fremder unten sei, der mich zu sprechen wünsche. Ich folgte dem Ruf, trat vor ihn hin und fragte nach seinem Begehr. Dabei war ich aus allen Kräften bemüht, die in mir gärenden staatswirtschaftlichen Gedanken festzuhalten und ihnen weder die Zügel schießen zu lassen noch zu dulden, daß sie sich im Geschirr verwickelten. Heimlich wünschte ich jedoch, der Fremde läge auf dem Grunde des Meeres und auf ihm eine Ladung Getreide, Ich war wie im Fieber; er blieb völlig kühl. Es tue ihm leid mich zu stören, sagte er, aber er habe im Vorbeigehen bemerkt, daß ich auf meinem Haus ein paar Blitzableiter brauchen könne. »Nun – und –« sagte ich, »was weiter, was wollen Sie?« Er entgegnete, er wolle nichts weiter, nur würde er die Blitzableiter gern bei mir anbringen.

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Die 1,000,000 Pfundnote und andere humoristische Erzählungen und Skizzen. [2]

Berliner Eindrücke.

Berlin hat mich im höchsten Grade überrascht. Keine Beschreibung, die ich früher in Büchern gelesen habe, trifft mehr zu. Das Berlin, wie es im vorigen Jahrhundert und noch in der ersten Hälfte des jetzigen war, die schmutzige, einförmige, häßliche Stadt, ist wie vom Erdboden verschwunden. Nur der Grund, auf dem sie stand, hat noch eine Geschichte und alte Überlieferungen, – Berlin selbst ist ganz neu, die neueste Stadt, die mir jemals vorgekommen ist.

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Die 1,000,000 Pfundnote und andere humoristische Erzählungen und Skizzen. [1]

Die 1,000,000 Pfundnote
und
andere humoristische Erzählungen und Skizzen.

Vorsatzblatt

Mit siebenundzwanzig Jahren bekleidete ich in San Francisco eine Stelle auf dem Kontor eines Minenmaklers, und hatte mir dabei eine gründliche Kenntnis dieses Geschäftszweiges nach allen Richtungen erworben. Ich stand allein auf der Welt und nannte nichts mein eigen als meinen gesunden Verstand und einen steckenlosen Ruf; doch hatten sich diese beiden Güter mir bisher als kräftige Stützen auf meinem Wege zum Glück erwiesen, und so schaute ich frohen Mutes in die Zukunft.

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Eugen Roth | Der Sparsame

Ein Mensch, in langem Lebenslauf.
Hebt kurzweg alles, alles auf.
Was man vielleicht noch einmal braucht:
Zigarrenkisten, ausgeraucht.
So Wein- wie Apothekerflaschen.
So Packpapier wie Tragetaschen.
Auch hat er Schnüre aller Art
Erst aufgeknüpft, dann aufgespart.
Hat Korken. Klammern, Schrauben, Nägel.
Gehortet sich nach strenger Regel.
Ihn selber bringt es oft zum Rasen.
Wie alle mit Verpackung aasen;
Er freut sich schon des Augenblicks.
Wo, am berühmten Tage X.
Zusammenbricht das Wiirtschaftswunder
Lnd Sachwert wird, was heute Plunder.
Er sieht im Geist schon dasGebettel
Um Gurnmischnürchen, leere Zettel.
Und wie er gnädig, fast ein Gott.
Mit Güte heimzahlt allen Spott.
Doch leider, eh er so umworben.
Ist unser guter Mensch gestorben.
Und herzlos werfen seine Erben
Das ganze Zeug zu Schutt und Scherben.

Eugen Roth (1895-1976)

Eugen Roth | Altes Volksmittel

Wer Gelbsucht hat, der heilt sie bald:
Er gehe in den nächsten Wald
Und schau (und glaube fest daran!)
Durchdringend einen Grünspecht an.
Nur reden darf er keine Silben!
Der Grünspecht wird sofort vergilben.
Der Kranke aber, kerngesund,
(Sofern er diesen Vogel fund,
Der ihm gegangen auf den Leim)
Geht mir nichts, dir nichts, wieder heim.

Durchfall

Wenn einer viele Wochen lang
Den Prüfungsstoff, den er verschlang,
Und der, zumal er schlecht gekaut,
Ihm liegt im Magen, unverdaut,
Nun plötzlich, ausgequetscht wie toll,
Durch Reden von sich geben soll:
Was Wunder, daß sein Hirn verstopft,
Das Herz ihm klopft, der Schweiß ihm tropft!
Zum Munde kommt ihm nichts heraus,
Doch irgendwo muß es hinaus –
Wild rast es in ihm eingeweidlich
Und Durchfall ist dann unvermeidlich!

Eugen Roth | Wasserheilkunde

Soll eine Pflanze richtig sprießen,
Dann muß man sie bekanntlich gießen.
Dies brachte Kneipp schon zu dem Schluß:
Die wahre Heilkraft liegt im Guß.
Ihn preist die Welt – und nur der Pudel
Nennt unser Lob bloß ein Gehudel,
Weil ihn schon immer sehr verdrossen
Laut Volksmund, wenn man ihn begossen.
Doch nie hält auf das arme Vieh
Den Sieg der Hydrotherapie!

Eugen Roth (1895-1976)

Eugen Rot | Schönheit

Die Welt, du weißts, beurteilt dich,
Schnöd wie sie ist, nur äußerlich.
Drum, weil sie nicht aufs Innere schaut,
Pfleg du auch deine heile Haut,
Dass Wohlgefallen du erregst,
Wo du sie auch zu Markte trägst.
Die Zeitung zeigt dir leicht die Wege
Durch angepriesene Schönheitspflege.
Durch Wässer besser als mit Messer
Hilft dir ein USA – Professer,
Und ein Versandgeschäft im Harze
Hat Mittel gegen Grind und Warze
Und bietet dir für ein paar Nickel
Die beste Salbe gegen Pickel.
Sie macht die Haut besonders zart,
Ist gut auch gegen Damenbart,
Und ist, verändert kaum im Titel,
Auch ein erprobtes Haarwuchsmittel,
Soll gegen rote Hände taugen
Und glanzbefeuern deine Augen
Und wird verwendet ohne Schaden
Bei Kropf und bei zu dicken Waden,
Ist aber andrerseits bereit,
Zu helfen gegen Magerkeit
Und ist, auf Ehre, fest entschlossen,
Zu bleichen deine Sommersprossen.
Sie wird sich weiterhin entpuppen
Als Mittel gegen Flechten, Schuppen,
Ist, was besonders angenehm
Für Frauen, gut als Büstencrem
Verwendbar, und zwar, wie man wolle,
Für schwache Brust und übervolle.
Sofern du Glauben schenkst dem Frechen
Hast nichts zu tun du, als zu blechen.
Die Salbe selbst wird, nachgenommen,
Und wohnst du am Nordpol, kommen.

Eugen Roth (1895-1976)

Eugen Roth | Ungleicher Kampf

Ein Mensch von innerem Gewicht 
Liebt eine Frau. Doch sie ihn nicht. 
Doch daß sie ihn nicht ganz verlöre, 
Tut sie, als ob sie ihn erhöre. 
Der Mensch hofft deshalb unverdrossen, 
Sie habe ihn ins Herz geschlossen, 
Darin er, zwar noch unansehnlich, 
Bald wachse, einer Perle ähnlich. 
Doch sieh, da kommt schon einszweidrei 
Ein eitler junger Fant herbei, 
Erlaubt sich einen kleinen Scherz, 
Gewinnt im Fluge Hand und Herz. 
Ein Mensch, selbst als gereifte Perle, 
Ist machtlos gegen solche Kerle.

Eugen Roth (1895-1976)