Mark Twain | Tom der kleine Detektiv von Huck Finn erzählt [ 11/11 ]

Elftes Kapitel

Der nächste Monat war für uns alle sehr traurig. Die arme Benny nahm sich zusammen, so gut sie konnte; auch Tom und ich trugen unser möglichstes zur allgemeinen Aufheiterung bei, aber das half wenig. Wir besuchten die alten Leute jeden Tag, was furchtbar trübselig war. Onkel Silas hatte meist schlaflose Nächte oder er wandelte im Schlaf; sein Aussehen war erbärmlich, auch nahm er körperlich und geistig so sehr ab, daß wir alle fürchteten, er würde vor Kummer krank werden und sterben.

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Mark Twain | Tom der kleine Detektiv von Huck Finn erzählt [ 10/11 ]

Zehntes Kapitel

Bei diesen gräßlichen Worten standen wir wie zu Stein erstarrt und konnten wohl eine Minute lang kein Glied rühren. Sobald wir uns etwas von dem Schreck erholt hatten, hoben wir den alten Mann auf und setzten ihn wieder in seinen Stuhl; er ließ sich von Benny streicheln und küssen, auch die arme Tante versuchte ihn zu beruhigen. Doch waren sie beide so verwirrt und außer sich, daß sie kaum wußten, was sie thaten. Am allerunglücklichsten war aber Tom selbst. Daß er seinen Onkel vielleicht ins Verderben gestürzt hatte, war ihm fürchterlich. Hätte er nicht solchen Ehrgeiz gehabt, berühmt zu werden und hätte das Suchen nach der Leiche aufgegeben, wie die andern Leute, so wäre es ja am Ende nie herausgekommen. Doch nicht lange, da besann er sich und änderte seine Gedanken:

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Mark Twain | Tom der kleine Detektiv von Huck Finn erzählt [ 9/11 ]

Neuntes Kapitel

In den nächsten zwei oder drei Tagen ging der Taubstumme bei den Nachbarn aus und ein und war bald allgemein beliebt. Jeder war stolz, mit einer so merkwürdigen Persönlichkeit zu verkehren; man lud ihn zum Frühstück, zu Mittag und zum Abendessen ein, bewirtete ihn aufs beste und wurde nicht müde, ihn anzustarren. Gern hätten die Leute mehr über ihn erfahren, aber seine Zeichen verstanden sie nicht – er wußte wohl selbst nicht, was sie bedeuteten. Seine Naturlaute bewunderten sie dagegen sehr und freuten sich, so oft er sie hören ließ. Auch reichte er eine Tafel herum nebst Schieferstift, damit man Fragen an ihn stellen könne; die Antworten, die er aufschrieb, konnte aber niemand lesen, außer Brace Dunlap, dem es freilich auch Mühe machte; doch fand er häufig wenigstens den Sinn heraus. Er sagte, der Taubstumme käme von weit her und habe früher im Wohlstand gelebt, dann sei er Schwindlern in die Hände gefallen, die sein Vertrauen mißbraucht hätten. Jetzt sei er arm und wüßte nicht, wie er sein Brot erwerben solle.

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Mark Twain | Tom der kleine Detektiv von Huck Finn erzählt [ 8/11 ]

Achtes Kapitel

Beim Frühstück ging es nicht sehr munter zu. Tante Sally sah alt und müde aus; sie ließ die Kinder unter einander zanken und streiten ohne ihnen zu wehren, wie sie es sonst immer that. Tom und ich waren so voller Gedanken, daß wir gar nicht sprachen und Benny mochte wohl die ganze Nacht kein Auge zugethan haben. So oft sie den Kopf ein wenig hob und nach ihrem Vater hinschaute, mußte sie mit den Thränen kämpfen. Der Alte ließ das Essen auf seinem Teller kalt werden, er rührte keinen Bissen an, redete kein Wort, sondern sann und sann nur immer vor sich hin.

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Mark Twain | Tom der kleine Detektiv von Huck Finn erzählt [ 7/11 ]

Siebentes Kapitel

Benny machte ein sehr ernstes Gesicht und seufzte auch hin und wieder; aber bald fing sie an sich nach Toms Geschwistern Mary und Sid zu erkundigen und besonders nach Tante Polly. Allmählich erheiterte sich auch Tante Sallys Miene, ihre gute Laune kehrte zurück, sie fragte uns dieses und jenes und war wieder so gut und lieb wie immer, so daß unser Abendessen noch einen ganz lustigen Verlauf nahm. Nur der alte Silas beteiligte sich nicht an der Unterhaltung; er war unruhig und zerstreut, auch stieß er oft so tiefe Seufzer aus, daß es einem in der Seele wehthat, ihn so verstört und bekümmert zu sehen.

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Mark Twain | Tom der kleine Detektiv von Huck Finn erzählt [ 6/11 ]

Sechstes Kapitel

Schon sahen wir die Lichter vom Hause zu uns herüberscheinen, und die Hunde kamen alle herbeigelaufen, uns zu begrüßen, da sagte Tom:

»Warte noch ’nen Augenblick. Wenn wir jetzt ‚reinkommen, meinst du wohl, ich müßte gleich unser ganzes Abenteuer erzählen, daß alle Mund und Nase aufsperren vor Verwunderung?«

»Versteht sich; solche Gelegenheit wirst du dir doch nicht entgehen lassen, Tom.«

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Mark Twain | Tom der kleine Detektiv von Huck Finn erzählt [ 5/11 ]

Fünftes Kapitel

Erst spät am Nachmittag war die Maschine fertig ausgebessert. Als wir nicht weit von Onkel Silas‘ Farm anlegten, ging die Sonne bereits unter. So liefen wir denn zuerst spornstreichs nach dem Ahornwäldchen, um Jack den Grund der Verzögerung mitzuteilen, damit er auf uns wartete, bis wir bei Brace gewesen wären und wüßten, wie die Sachen standen. Gerade als wir keuchend um die Ecke bogen und die Ahornbäume schon von fern sahen, kamen zwei Männer quer über den Weg in das Wäldchen gesprungen und wir hörten einen gräßlichen Hilfeschrei, der sich mehrmals wiederholte. »Jetzt haben sie den armen Jack umgebracht,« sagten wir und flohen voll Todesangst nach dem Tabakfeld. Kaum hatten wir uns dort versteckt und zitterten noch wie Espenlaub, als wir abermals zwei Männer an uns vorbeilaufen und in dem Wäldchen verschwinden sahen. Schon im nächsten Augenblick kamen ihrer vier wieder heraus: zwei hatten die Flucht ergriffen und zwei verfolgten sie.

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Mark Twain | Tom der kleine Detektiv von Huck Finn erzählt [ 4/11 ]

Viertes Kapitel

»Es war ein saueres Stück Arbeit, den ganzen Tag über noch zu thun, als ob wir einander beobachteten, das versichere ich euch. Gegen Abend landeten wir bei einem Städtchen in Missouri, kehrten in einer Schenke ein und ließen uns nach dem Nachtessen ein Schlafzimmer zu dreien im obern Stock geben. Der Wirt ging mit dem Licht voran und wir im Gänsemarsch hinterdrein, die Treppe hinauf. Ich kam zuletzt und schob meinen Reisesack unter den tannenen Tisch auf dem dunkeln Vorplatz. Wir ließen uns eine tüchtige Portion Whisky bringen und spielten Karten um Fünfcentstücke. Als wir die Wirkung des Whisky spürten, hörten wir beide auf zu trinken, schenkten aber Bud immer wieder ein, bis er toll und voll war. Er fiel vom Stuhl, lag am Boden und schnarchte.

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Mark Twain | Tom der kleine Detektiv von Huck Finn erzählt [ 3/11 ]

Drittes Kapitel

Von da ab waren wir fast immer bei ihm; meist schlief einer von uns in seiner obern Koje. Er hatte sich so schrecklich einsam gefühlt und es war ihm ein Trost in seiner Not, jemand um sich zu haben, mit dem er reden konnte. Wir brannten natürlich vor Neugier, hinter das Geheimnis zu kommen; aber Tom sagte, wir sollten uns ja nichts merken lassen, dann würde er einmal ganz von selbst anfangen davon zu sprechen. Wollten wir ihn ausfragen, so würde er gleich Argwohn schöpfen und verschwiegen sein wie eine Auster. Es traf auch genau so ein. Daß er uns alles gern erzählt hätte, merkte man ihm leicht an, aber jedesmal wenn wir dachten: jetzt kommt’s! überfiel ihn die Angst und er lenkte das Gespräch auf etwas anderes. Wir erfuhren’s aber doch noch, und das ging so zu: Er hatte angefangen, uns in scheinbar gleichgültigem Ton nach den Passagieren im Zwischendeck zu fragen, die heraufkamen, um sich am Schenktisch Branntwein zu kaufen; wir versuchten sie zu beschreiben, aber das genügte ihm nicht, er wollte alle Einzelheiten wissen. Tom gab sich die größte Mühe und als er bei der Schilderung eines der rohesten und zerlumptesten Kerle angekommen war, fuhr Jack Dunlap schaudernd zusammen.

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Mark Twain | Tom der kleine Detektiv von Huck Finn erzählt [ 2/11 ]

Zweites Kapitel

Wir hatten riesiges Glück. Auf einem Raddampfer, der vom Norden gerade nach der Sumpfgegend von Louisiana steuerte, kamen wir den ganzen Mississippi bis zur Farm in Arkansas hinunter und brauchten nicht einmal in St. Louis das Boot zu wechseln. Eine Fahrt von fast tausend Meilen in einem Zug.

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